Queer durch die Pampa

Neben der neuen Fachberatungsstelle in Göppingen gehört auch die Netzwerkstelle Schwalm Eder in Gudensberg zum BGV. Kopf dieser Netzwerkstelle ist die Vorsitzende Elena Letting.

Die Netzwerkstelle versteht sich als neuer Ankerpunkt des BGV e.V. im ländlichen Raum Nord-Hessens, dem Schwalm-Eder Kreis. Mit dem LSBT*IQ Netzwerk Nordhessen, der Stadtjugendpflege Niedenstein und der Jugendförderung Schwalm-Eder im Gespann möchte die Netzwerkstelle des BGV e.V. helfen die Strukturen für queere Menschen im ländlichen Raum nachhaltig zu verbessern.

Ein erster Versuch in Niedenstein eine Jugendgruppe namens „Queer durch die Pampa“ zu etablieren hat uns gezeigt, dass wir uns für dieses Ziel noch besser vernetzen müssen…

…und genau das tun wir zum Teil mit unserer neuen Onlinepräsenz und indem wir überall mitmischen.

News

Elena Letting

Aktuelle erste Vorsitzende des BGV e.V. Elena Letting bildet die Netzwerkstelle Schwalm-Eder. Sie ist Studentin der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Schwalmstadt/Treysa und arbeitet als Schulassistenz im Grundschulbetrieb für die Viva-Stiftung. Als Bildhauergesellin und staatl. geprüfte Grafik-Designerin ist sie das bildnerisch gestaltende Herz des BGV e.V. und kümmert sich um die Multimediagestaltung.

Sitz: Gudensberg
Kontakt: elena.ehret.art@gmail.com📮

Der BGV e.V. kennt neben den vier Basisdimensionen von Geschlecht, auch eine Metadimension, die letzteren vorgeordnet ist, nämlich Alterität.

Für uns steht nicht so sehr das Gemeinsame, das, worin wir uns gleichen, im Vordergrund, sondern  die Differenzen zwischen den Individuen. Unser alteritätsethisches Konzept bezieht sich vor allem auf das Werk des französisch-litauischen Philosophen Emmanuel Lévinas. In dessen Konzept steht der Andere, der Nächste, absolut im Vordergrund. Er geht nicht von autonomen, unabhängig handelnden Subjekten und deren Ego, Egoismus, Vorstellungen, Zielen und Zwecken aus, sondern vom absoluten Anspruch des Anderen, Nächsten, auf den wir immer schon auf irgendeine Weise antworten. Wir sind dem Anderen, Nächsten, in seiner Verletzlichkeit Güte schuldig, eben weil wir auch verletzlich und verletzt sind. Ähnlich wie der barmherzige Samariter sind wir die »Geisel« des verletzten Anderen, Nächsten, wir sind ihm in unserem Handeln absolut verantwortlich. Beim Konzept der Alterität geht es nicht um Selbstgefälligkeit, sondern um (je) meine absolute Verantwortung gegenüber dem Anderen. Unsere alteritätsethisch orientierte Praxis der geschlechtlichen Gesundheitsversorgung leitet ihre Humanität und Ethik aus zwischenmenschlichen Beziehungen her (Bennent-Vahle).

Geschlecht ist ein extrem komplexes Feld, andererseits ein Thema, das jedem Menschen ganz persönlich unter die Haut geht, Geschlecht bedeutet nackt und verletzlich sein. Geschlecht ist eine elementare Tatsache. Im Alltag ist Geschlecht eine fulminante Realität, die das Leben jedes Menschen bestimmt; jeder Mensch ist geschlechtlich einzigartig. Daher ist Geschlecht vielfältig.

Nun steht Geschlecht nicht wie ein Denkmal statisch in der Landschaft, sondern ist recht lebendig, existiert als buntes, individuell einzigartiges Geschlechtsleben.

In der lebendigen Vielfalt und Einzigartigkeit lassen sich 4 grundlegende Dimensionen ausmachen.

Nämlich:

  • Erotik: Hierzu gehören Phänomene wie Lust, Leidenschaft, Orgasmen, Ekstase, Befriedigung usw.
  • Fürsorge: unter anderem Beziehungsqualitäten wie Wärme. Güte, sich kümmern um, Fürsorge, Pflege
  • Macht: Beziehungsqualitäten wie Führung, Herrschaft, Dominanz, Partnerschaft, Stärke, Überlegenheit
  • Gewalt: Einvernehmlichkeit, Zwang, physische, psychische, soziale, strukturelle Gewalt, Kraft

Träger des individuellen Geschlechts ist der lebendige Leib.

Diese vier Bausteine werden leiblich als Lust, Wärme, Zufriedenheit, kurzum Geschlechtseuthymie, als Aspekt von Gesundheit,  erlebt.

Aus dem bisher gesagten wir klar: Geschlecht und Geschlechtsleben sind für uns keine fixen Strukturen oder Eigenschaften, sondern haben Beziehungscharakter. Erotik, Fürsorge, Macht und Gewalt sind geschlechtlich keine »Attribute«, sondern werden in Beziehungen gelebt, sie sind also »zwischen uns«. Auch der Leib hat sozialen Charakter. So gesehen sind Begriffe wie geschlechtliche Identität »asozial«, statisch und alles andere als lebendig.

Dies zeigt sich bei Individuen mit besonderen Geschlechtsvarianten wie z.B. Personen mit Geschlechtsinkongruenzen besonders eindrücklich.

Beispiel »Konstitutionelle Geschlechtsinkongruenz« (Cornelia Kunert), früher nannte man diese geschlechtsleiblichen Existenzmuster trans*, Transsexualität, Transgender, Enbie usw.: das persönliche Erleben ist geprägt durch ein geschlechtlich Anderes im eigenen Leib, dessen die Betroffenen gewahr werden und das zunehmend das eigene Ich »in Beschlag nimmt«, bis hin zur vollständigen Substitution des Ichs durch das geschlechtlich Andere in mir. So gesehen sind Transitionsprozesse Beziehungsgestaltung und -entwicklung zum Anderen in mir.

Oder ein anderes Beispiel geschlechtsleiblicher Inkongruenz: Frauen, die unter habituellem Abort leiden (habituellen Abort wird das Auftreten von mehreren spontanen Fehlgeburten verstanden). Diese »Mütter ohne Kinder«, die ähnlich diskriminiert werden wie Menschen mit konstitutioneller Inkongruenz, nämlich als »fehlerhafte Frauen«, leiden still, voller Sehnsucht nach dem Anderen in ihr, das verloren wurde und Verletzungen hinterlässt.

Noch ein Beispiel: Männer mit »erektilen Dysfunktionen«, als »Versager« diskriminiert und tabuisiert, denen Deutungen wie z.B. »Mutterfixierung« und »unbewusste Homosexualität« unterstellt werden, leiden unter dem Verlust der erotischen Beziehung zum Anderen/zur Anderen, die eigene geschlechtliche Leiblichkeit wird als unstimmig (inkongruent) erlebt, sie werden einer Sehnsucht nach dem Anderen in ihrem Geschlechtsleib gewahr, nach liebevoller Lust, die unerreichbar scheint und stilles Leiden befördert, ein Körperteil (Penis) wird als befremdlich erlebt und ist mit Verzweiflung verbunden. Fazit: Das Beziehungsparadigma erweist sich als ausserordentlich hilfreich, um geschlechtliche Inkongruenzen zu verstehen.

Angebote für Schwalm-Eder

Queeres Leben auf dem Land soll genauso lebhaft sein wie in Kassel.